Das Reimann´sche Gut
Das Bauerngut erhielt um 1930 seine beeindruckende neubürgerliche Fassade. Ausschlaggebender Akteur war der damalige Bürgermeister Herr Paul Winkler (Vorfahr der Familie Reimann).
In der Ära der zahlreichen Bühlauer Bürgermeister bis 1993 war er ein ganz rühriger. Im haben wir unter anderem die gut ausgebaute Dorfstrasse zu verdanken. Mit Hilfe der damaligen Wohlfahrtsempfänger (Arbeitslose, fast zu vergleichen mit heutigen Arbeitsbeschaffungsmassnahmen bei einer sehr hohen Arbeitslosenquote in Deutschland Ende der 20er) wurde die Strasse verbreitert, Berge abgetragen und Täler aufgeschüttet. So konnte man z.B. bei Hell´s und beim ehemaligen Gemeindehaus (heute Nickel/Pietschmann) vorm Straßenbau vom Weg aufs Dach langen. Wer sich wundert, dass die Pflasterung nur bis zu Reimann´s Gut geht: das Material dafür gab es nur bis zu Weltwirtschaftskrise, die auch Deutschland hart erfasste. Ein Weiterbau war danach nicht möglich. Die Krise hatte für Paul Winkler trotzdem einen gewissen Vorteil. Die Rechnungen für den Strassenbau waren dann auch nur noch „einen Äppel und ein Ei“ wert.
Zu Zeiten Paul Winklers wurde auch der Dorfbach begradigt. Dieser war früher viel kurviger. Die Begradigung ermöglichte z.B. erst den Bau der Häuserreihe zwischen Erbgericht und Reimanns.
Auch die Turnhalle verdanken wir den Umständen Ende der 20er Jahre. Schuhfabrikbesitzer Michel wollte sich erweitern und das noch unbebaute Grundstück neben der Schule für einen Neubau nutzen. Das passte dem damaligen Gemeinderat nicht in den Plan. Zu der Zeit hatten die Einwohner von Bühlau Angst, dass die neue Industrie den Landwirten die Arbeitskräfte wegnimmt. Man entschied sich schnell, das Grundstück von Eckardts zu kaufen und für Gemeinwohlzwecke zu nutzen. Erste Wahl war da eine Turnhalle, weil die Schule und die Sportvereine vor 1927 noch Ausweichobjekte wie das Erbgericht für ihre Übungen nutzen mussten. Turnplatz war damals der Platz beim ehemaligen Spritzenhaus. Seit 1927 konnte nun Bühlau eine hübsche Turnhalle sein eigen nennen, in der es noch bis in die 80er Jahre eine Bühne für unterschiedlichste Aufführungen gab (z.B. Puppenspiele).
Letztendlich wurde zu Paul Winklers Amtszeit auch die Brücke über den Dorfbach am Bahnhofsweg gebaut und das Gemeindehaus und somit auch der Weg zur heutigen Verkaufsstelle.
Schon gewusst?
- Die Zeiten früher waren nicht immer „besser“ als heute. Gerade Ende der 20er Jahre mussten die Arbeitskräfte um die 48 Stunden in der Woche „schaffen“. Erst im 3. Reich gab es die Ambitionen, eine 40 Stunden-Woche einzuführen.
- Zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise 1928 gab es unter den 65 Mio. Deutschen ca. 5 Mio. Arbeitslose. Es gab nur ein halbes Jahr Arbeitslosengeld. Dann zählten sie als „ausgesteuert“ und wurden so genannte „Wohlfahrtsempfänger“ und mussten „stempeln“ gehen.
- Bevor es die Gemeindeverwaltung bei der Feuerwehr gab, sind die Wohnhäuser der Bürgermeister als Gemeindeamt genutzt worden.
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