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Familie Berghausen – VON CLAUS SØRENSEN aus Dänemark

von | 6. September 2021 | Familiengeschichten, History Blog | 0 Kommentare

Wie kommt es zu dieser besonderen Geschichte?

Herr Claus Sørensen schickte mir über die Bühlauer Internetseite eine Nachricht. Er wollte noch mehr von seiner Familie erfahren, die Anfang 1900 in Bühlau lebte und dann nach Dänemark ausgewanderte. Ich bat ihn um einen Artikel, Fotos und die Hintergründe. Denn damals war es bestimmt ungewöhnlich, alles aufzugeben und woanders mit einer anderen Sprache komplett neu anzufangen.
Vielen Dank für die Fotos und die schöne Geschichte.
Ich hoffe, Herr Sørensen besucht Bühlau in der nächsten Zeit, sodass wir ihn persönlich kennenlernen können.

Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen fotografierten in Herning, Dänemark, mit acht Töchtern um 1911.

Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen fotografierten in Herning, Dänemark, mit acht Töchtern um 1911.

Es gibt eine gerade Linie von Bühlau in Sachsen nach Herning in Dänemark.
Hier der Bericht des Ziegelmeisters aus Bühlau und seiner Familie,
die wegen der Armut das Glück in einem anderen Land suchten.

VON CLAUS SØRENSEN

Hermann Christian Isidor Berghausen war sein Name.

Er war Ziegelmeister von Bühlau in den frühen 1900er Jahren. Er lebte einige Jahre mit seiner Frau und seinen kleinen Kindern in Bühlau, aber der Ton in der Tongrube begann zu Ende zu gehen. Die Ziegelei wurde aufgegeben und die Armut zwang die Familie Berghausen weg. Weit weg.

1903 suchten sie ihr Glück in Dänemark. Siedelten sich dort Hunderte von Kilometern nördlich an, bauten sich eine Existenz auf und wurden zu soliden und geschätzten Bürgern ihres neuen Landes.

Berghausen war mein Urgroßvater. Geboren am 12.10.1865 in Hohenhausen in Lippe-Detmold. Er gehörte einer achtköpfigen Geschwistergruppe einer jüdischen Familie an, die auf Simon Herz, geboren um 1745 in Hohenhausen, zurückgeführt werden kann. Er war einer von zwei Brüdern, die als Jugendliche zum evangelisch-lutherischen Glauben konvertierten und sich taufen ließen. Beide heirateten christliche Frauen in und um Dresden. In meiner Abstammungslinie heißt es, dass es die Bedingung meiner Urgroßmutter war, meinen Urgroßvater zu heiraten.

Den Extranamen ‘Christian’ bekam mein Urgroßvater bei seiner Taufe am 22.09.1893 in der Kaditzkirche bei Dresden – zwei Tage bevor er Helene Auguste Reck am 24.09.1893 in Rammenauer Kirche heiratete, geboren am 18.01.1873 in Uebigau bei Neschwitz und getauft am 26.01.1873 in Neschwitz Kirche. Ihre Mutter und ihr Mann lebten in Rammenau.

Helene Auguste Berghausen, geb. Reck - fotografiert um 1910.

Helene Auguste Berghausen, geb. Reck – fotografiert um 1910.

Hermann Christian Isidor Berghausen - Ziegelmeister in der Ziegelei in Bühlau 1900-1902 – fotografiert um 1911

Hermann Christian Isidor Berghausen – Ziegelmeister in der Ziegelei in Bühlau 1900-1902 – fotografiert um 1911

Sie hatten 16 Kinder.
Hermann Christian Isidor Berghausen kam am 29.12.1902 nach Dänemark. Helene Auguste folgte im Juni 1903 mit den fünf Töchtern des Paares.
Das Paar hatte zwischen 1893 und 1914 insgesamt 16 Kinder. Die 10 wurden geboren, als sie in Sachsen lebten, aber fünf von ihnen starben, als sie jung waren.
Das Ehepaar wurde am 29.03.1924 dänische Staatsbürger. Sie starb am 10.11.1956 im Alter von 83 Jahren, er starb im Alter von 12.05.1959 im Alter von 93 Jahren.

Er ging Ende des 19. Jahrhunderts als Erster nach Dänemark, um das Land für die Auswanderung aus Deutschland zu sehen. Die Entscheidung wurde 1902 getroffen, und er ging bereits nach Dänemark, um sich niederzulassen. Er kam am 28.12.1902 an. Frau Berghausen folgte im Juni 1903 mit den fünf Töchtern des Paares. Im selben Monat, in dem sie sich auf die Reise begaben, war der Jüngste, ein 1902 in Bühlau geborener Sohn, in Dresden gestorben.

Während meine Urgroßeltern in Bühlau lebten, hatten sie drei Kinder:

Johanna Liesbeth Berghausen, geb. 11.12.1900; gestorben am 26.10.1901 I Bühlau.
Gertrud Linda Berghausen, geboren am 17.11.1901, getauft am 26.11.1901, gestorben am 16.09.1997 in Marstal, Ærø, Dänemark.
Alfred Oskar Berghausen, geboren am 03.11.1902 in Bühlau; gestorben am 06.06.1903 in Dresden.

Metzger und Ziegelmeister

Berghausen, der seinen Militärdienst in Deutschland geleistet hatte, erscheint in einer Reihe von Papieren sowohl als Ziegelmeister als auch als Metzger. Er stammte aus einer Familie, in der viele Metzger und Viehhändler waren, und er selbst war gelernter Metzger. Als er 1893 mit Helene Auguste heiratete, war er Ziegelarbeiter in Mickten bei Dresden.

Die Auswanderung nach Dänemark erfolgte, nachdem er den Betrieb der Ziegelei in Bühlau bei Großharthau – etwa 30 Kilometer von Mickten bei Dresden entfernt, wo er bis dahin mit seiner Familie lebte – leiten musste.

In Bühlau lebten sie in der Backsteinmeisterresidenz, hier wurden drei Kinder des Paares geboren. Die Ziegelei war im Besitz des Grundbesitzers eines nahe gelegenen Anwesens, eines Anwesens, das in der Gegend als »Gut Günther« bekannt ist. Die Ziegelei wurde 1905/06 vollständig stillgelegt, nachdem der direkt vor der Ziegelei sinkende Ton im Tal ausging und eine Reihe von Versuchen, andere Tongruben zu finden, gescheitert waren.

Harte Arbeit

In seinen ersten Jahren in Dänemark arbeitete Berghausen fleißig in Ziegeleien in der Region Herning. Später war er als Metzger tätig und führte Hausschlachtungen für Menschen auf dem Land durch und war dann noch im Schlachthof im dänischen Herning beschäftigt. Er machte auch einige Hausgeschäfte und besaß für eine Weile ein Torfmoor.

In Herning hatte Berghausen einen Freund, Krüger, der Ziegelmeister einer dänischen Ziegelei war und versprochen hatte, Berghausen dort eine Anstellung zu verschaffen. Krüger kannte es ursprünglich aus Deutschland, aus dem auch er ausgewandert war.

Es war ein mühsamer Job, Maurer zu sein und die Bezahlung war extrem schlecht. Berghausen leistete jedoch einige Jahre die harte Arbeit, bis er begann, Metzger zu werden. Er handelte auf dem Platz und führte ein umfangreiches Geschäft. Mit der großen Schar von Kindern brauchte es auch viel, um den täglichen Bedarf zu bewältigen.

Dänemark - Karte mit den Städten Herning, Kalundborg und Kopenhagen eingezeichnet.

Dänemark – Karte mit den Städten Herning, Kalundborg und Kopenhagen eingezeichnet.

Deshalb wanderten sie aus

Das jüngste der 16 Kinder, Selma Emilie Berghausen (1914-2006), erzählte mir drei oder vier Jahre vor ihrem Tod:

»Zu Hause wurde nie viel über das Leben meiner Eltern gesprochen, bevor sie nach Dänemark zogen. So sehr weiß ich, dass sie umgezogen sind, weil es extrem schlechte Zeiten in dem Teil Deutschlands waren, in dem sie lebten. Sie konnten kaum etwas zu essen bekommen. Sie hungerten, und ich erinnere mich, dass Papa mir erzählte, dass sie endlich angefangen hatten, Ratten und Mäuse zu essen. Papa war jedoch wie ein geschlossenes Buch, wenn wir versuchten, ihn über diese Zeit zu befragen. Mama erzählte es mir manchmal, aber sehr wenig. Ich weiß, dass Papa in einer Ziegelei in Deutschland arbeitete und später selbst Leiter einer kleinen Ziegelei wurde. Mama half, die Steine zu verbrennen, und zwei große Hunde zogen einen Wagen mit Steinen heraus«. Es war in der Ziegelei in Bühlau.

Diese Geschichte erzählt eine ähnliche Geschichte wie die, die einige Flüchtlinge erzählen, wenn sie ihre Heimatländer verlassen, um anderswo auf der Welt ihr Glück zu suchen. Wir nennen Armutsflüchtlinge einige von denen, die im 21. Jahrhundert alles aufgeben und Glück im Unbekannten suchen. Der Begriff mag neu sein, aber die Geschichte dahinter ist in vielerlei Hinsicht die gleiche.

 

Die Gattung aus Taschendorf

Meine Urgroßmutter, Helene Auguste Berghausen, geborene Reck, stammte aus einer Familie, die seit Generationen in Taschendorf bei Uhyst am Taucher und in umliegenden Dörfern lebte.

Ihre Familie habe ich bis zu Simon Rätze zurückverfolgt, der um 1575 in Ungarn geboren wurde und als Erwachsener in Sachsen lebte. Er heiratete 1600 in Göda und starb 1623 in Demitz. Mehrere Generationen lang gab es eine Reihe von Nachkommen, die mit dem Titel Erbrichter und Lehnerbrichter in ihren Gemeinden dienten. Simon Rätze wird mit mir 12 Generationen zurück in der Zeit verglichen.

Der Halbbruder meiner Urgroßmutter, Moritz Oskar Zenker, geboren am 25.11.1877 in Rammenau, absolvierte eine Ausbildung zum Bäcker, emigrierte 1923 in die USA, wurde Segler und segelte viele Jahre teils als »Oiler«, teils als Steward. Am 19.02.1929 wurde er US-Bürger. In seiner alten Zeit zog er 1948 nach Dänemark und ließ sich mit seiner Schwester und seinem Schwager in Herning nieder, wo er am 22.04.1958 starb.

Der Autor des Artikels - der Journalist Claus Sørensen - ist der Urenkel von Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen, die in Bühlau lebten.

Der Autor des Artikels – der Journalist Claus Sørensen – ist der Urenkel von Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen, die in Bühlau lebten.

Der Erzähler…

Und wer bin ich – der Erzähler dieser Geschichte?

Mein Name ist Claus Sørensen. Ich bin Journalist und lebe auf der Halbinsel Røsnæs in der Nähe der Stadt Kalundborg auf Seeland in Dänemark. Ich habe für eine Reihe dänischer Zeitungen gearbeitet, darunter 13 Jahre als Chefredakteur der Zeitung Kalundborg Folkeblad. Ich bin eigentlich im Ruhestand, arbeite aber auch viel als freier Journalist, weil ich sowohl Interviews, Schreiben, Fotografieren als auch Recherchen liebe.

Ich wurde am 05.08.1948 in Kopenhagen, Dänemark geboren – als deutsche Staatsbürger, weil meine Mutter, die ebenfalls in Dänemark geboren wurde, zum Zeitpunkt meiner Geburt deutsche Staatsbürgerin war. Denn ihre in Deutschland geborene Mutter beantragte erst 1946 die dänische Staatsbürgerschaft. Meine Mutter wurde am 11. Mai 1954 dänische Staatsbürgerin. Ich wurde – als Sechsjähriger – 22.12.1954 – dänische Staatsbürger.

Ich bin die Enkelkind von Meta Martha Berghausen, geboren am 07.08.1895 in Mickten, gestorben am 07.05.1956 in Kopenhagen, Dänemark. Sie hatte drei Kinder, von denen das jüngste, Gertrud Berghausen, meine Mutter war. Sie wurde am 25.09.1929 geboren und wuchs bei ihren Großeltern Helene Auguste og hermann Christian Isidor Berghausen in Herning auf. Als sie mich mit 18 bekam, wurde ich zur Adoption freigegeben, aber wir nahmen 1981 Kontakt zueinander auf, als ich 33 war. Bis dahin hatten wir nichts voneinander gewusst. Sie starb 2017. Sie war Journalistin…

Ich habe zwei Kinder, einen Sohn, Kristoffer, der ebenfalls Journalist ist, und eine Tochter, Astrid Sofie, die auch in der Kommunikation arbeitet.

Eines der drei Kinder meiner Großmutter – mein Onkel mütterlicherseits – war der international renommierte Sexualwissenschaftler und Psychiater Dr. Med. Preben Hertoft (1928-2017).

Einige Fakten

Von der Heimatstadt meiner Urgroßeltern in Dänemark bis nach Bühlau sind es etwa 800 Kilometer. Von meiner Heimatstadt Kalundborg sind es ca. 900 km über Jütland nach Bühlau. Nimmt man die Fähre von Gedser in Dänemark nach Deutschland, sind es ca. 675 km.

  • Demitz
    Hier lebten mein Urgroßvater Mattheus Rätze, geboren um 1615, und sein Vater, mein Ur-9-Urgroßvater. Simon Rätze, geboren um 1575 in Ungarn – der älteste bekannte in der Gattung.
    Demitz hat etwa 2.600 Einwohner.
  • Taschendorf bei Uhyst am Taucher
    Johanne Christiane Beiers Geburtshaus 1841 (meine Ur-Ur-Großmutter). Hier haben mehrere Generationen der Gattung gelebt.
    Taschendorf hat etwa 70 Einwohner.
  • Uebigau bei Neschwitz
    Uebigau ist Helene Auguste Recks Geburtshaus im Jahr 1873 (meine Urgroßmutter).
    Übigau hat etwa 75 Einwohner.
  • Rammenau
    Johanne Christiane Beier (meine Ururgroßmutter) zog 1877 (vier Jahre nach der Geburt meiner Urgroßmutter in Uebigau) in dieses Haus und heiratete Zenker. Meine Urgroßeltern haben in Rammenau geheiratet.
    Rammenau hat etwa 1.300 Einwohner.
  • Mickten bei Dresden – direkt am Elbufer
    wo meine Urgroßeltern zwischen der Heirat 1893 und der Auswanderung nach Dänemark 1902/03 mehrere Jahre lebten. Wahrscheinlich 1893-1899/1900.
  • Bühlau bei Großharthau
    wo meine Urgroßeltern von 1900 bis 1902 in der Ziegeleiresidenz lebten. Urgroßvater war Ziegelmeister.
    Anschließend wanderten sie nach Dänemark aus.
    Bühlau hat ca. 500 Einwohner

 

Beschriftungen:

  • Hermann Christian Isidor Berghausen – Ziegelmeister in der Ziegelei in Bühlau 1900-1902 – fotografiert um 1911
  • Helene Auguste Berghausen, geb. Reck – fotografiert um 1910.
  • Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen fotografierten in Herning, Dänemark, mit acht Töchtern um 1911.
  • Dänemark – Karte mit den Städten Herning, Kalundborg und Kopenhagen eingezeichnet.
  • Sterberegister für Johanna Liesbeth Berghausen, geb. 26.10.1901 in Bühlau.
  • Heiratsurkunde von 1893 für Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen.
  • Zeitungsausschnitte von 1943 über die Goldene Hochzeit des Ehepaares Berghausen.
  • Der Autor des Artikels – der Journalist Claus Sørensen – ist der Urenkel von Helene Auguste und Hermann Christian Isidor Berghausen, die in Bühlau lebten.

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